Leseprobe aus dem Inhalt (Auszug):
126. Kapitel - Ein Baum als Beispiel vom Wesen des Geisterreiches
Im Verlaufe der ganzen Mitteilung aus dem Gebiete des geistigen Sonnenreichs ist wohl in dieser Hinsicht jedes einzelne kleinste Verhältnis gezeigt worden, wie die Geisterwelt mit der naturmäßigen zusammenhängt; und man könnte darum hier füglich sagen: Um aus den Erscheinlichkeiten auf den Grund schließen zu können, wäre es beinahe unnötig, hier noch etwas Weiteres zu sagen, indem eben dieser Gegenstand im Verlaufe der ganzen Mitteilung in all seinen Zweigen hinreichend beleuchtet worden ist.
Ich aber sage: Des Guten hat der Mensch nie zu viel; wohl aber des Schlechten. Denn viel Gutes mag oft das Schlechte nicht bessern; aber ein wenig Schlechtes kann oft viel Gutes verderben!
Und so wollen wir auch noch durch manche anschauliche Beispiele unseren vorliegenden Gegenstand so klar als möglich beleuchten.
Seht an einen Baum. Sein Wesen, wie es da ist, stellt euch das ganze Wesen der Geisterwelt in ihrem Verhältnisse zur naturmäßigen Welt in entsprechender Erscheinlichkeit dar.
Das Inwendigste des Baumes, der Kern also, ist das Himmlische, der Stamm, die Äste und die Zweige sind das eigentliche Geisterreich, das sein Leben vom inwendigen Kerne hat. Über dem Holze des Stammes werdet ihr die Rinde erblicken, die das Außenerscheinliche des Baumes ist. Die Rinde an und für sich ist tot; aber unter der äußeren toten Rinde befindet sich noch eine andere Rinde, die ihr „die lebendige“ nennt. Diese ist gleich dem Verbindungszustande, wo das Geistige in das Materielle übergeht.
Betrachten wir die Wirkung dieser Rinde. Aus ihr geht zuerst die äußere tote Rinde hervor, und wieder geht aus dieser lebendigen Rinde all das vergängliche Blätterwerk, wie auch die äußere Form der Blüte und endlich selbst die äußere Schale der Frucht hervor.
Alle die Produkte aber sind nicht bleibend; sie fallen nach der Zeit, wenn sie ihre Dienste geleistet haben, ab.
Seht, so ist es mit der Welt und allem dem, was ihr angehört. Alles das gleicht der äußeren Rinde, den Blättern und Blüten, aber auch endlich den Früchten eines Baumes. Diese fallen ab. Aber der Baum besteht und trägt in seinem innern Leben zahllosfältig das Außenbild des Erscheinlichen und Vergänglichen. Wie kann man aber nun aus dem Erscheinlichen auf den inneren wahren Grund schließen? Ich sage: Auf die leichteste Weise von der Welt. Ihr dürfet nur das Erscheinliche euch verunendlichfältigt und zugleich zweckdienlich gesamtwirkend vorstellen, so habt ihr den Grund des Geistigen schon vor euch.
Der Hauptgrund aber ist ersichtlich dadurch zu finden, daß ihr die ganze vieljährige vegetative Aktion eines Baumes betrachtet. Sie besteht in nichts anderem, als in der steten Mehrung und fortwährend sich steigernden Kräftigung des Lebens.
Ganz einfach wird dieses in einem einzelnen kleinen Samenkorne in die Erde gelegt. Welche Lebenskraft ursprünglich in diesem Samenkorne ist, z.B. in einer Eichelnuß, kann ein jeder Mensch erproben, wenn er eine solche Nuß in seine Hände nimmt und damit spielen kann wie mit einer Federflaume.
Wenn aber diese unbedeutende Eichelnuß in die Erde gelegt wird, so fängt sich in ihr das vegetative Leben an zu kräftigen. Ein junger Eichbaum mit höchstens zwei Blättern wird zuerst ersichtlich. In diesem ersten Stadium ist das vegetative Leben des werdenden Eichbaumes noch schwach. Es übertrifft das Gewicht der vorigen glatten Eichnuß kaum um das Zehnfache. Aber betrachten wir es nur um dreißig Jahre später. Da hat es sich schon eine so mächtige vegetative Lebenskraft angeeignet, daß ihr an seinem Stamme mehrere Pferde anbinden könnet, und sie werden ihn mit ihrer riesigen Kraft dem Boden nicht zu entreißen vermögen. Betrachtet es aber in einem Alter von hundert Jahren. Welch ein riesiger, majestätischer Baum, und welche allen Stürmen trotzende Kraft in ihm! Wieviel tausendfältig hat diese hundertjährige Eiche in den gleichen Eichelnüssen ihr ursprüngliches kleines vegetatives Leben reproduziert und wie mächtig hat sie durch ihre Abfälle und dadurch gewisserart mit dem Überflusse ihrer vegetativen Lebenskraft den Boden um sich her gedüngt und ihn zur steten Vermehrung der eigenen Lebenskraft belebt!
Kurz, ein solcher Baum ist zu einer Welt voll Lebens geworden. Und das alles kam von einer einzelnen unbedeutenden Eichelnuß.
Sehet, also geht ursprünglich von Mir nur ein Fünklein der Lebenskraft aus, mit dem Vermögen ausgerüstet, sich als eine Lebenskraft bis ins Unendliche zu stärken und zu kräftigen. Und dazu dient eben diese Erscheinlichkeit am Baume zu jedermanns klarster Einsicht.
Wir sagten ehedem: Aus der lebendigen Rinde geht das erscheinliche Blätterwerk hervor, die äußere Blüte und selbst die Schale der Frucht. In der Frucht selbst bekommt der Keim des Kernes nur ein überaus kleinstes Fünklein aus dem allgemeinen Leben des Baumkernes. Der Kern wird samt der Frucht reif und stellt den Menschen in seiner Welterscheinlichkeit dar. Höchst einfach und wenig sagend ist seine außenerscheinliche Form und gering seine Kraft. Aber er ist gleich einer Eichelnuß. Wenn er in das gute Erdreich Meines Willens gelegt wird, da geht sein innerer Keim auf, und dieser wird endlich selbst zum mächtigen Baume, dessen Kraft die Kraft zahlloser ehemaliger Eichelnüsse übertrifft.
Und sehet, so hat ein jeder Mensch den Keim seines geistigen Zustandes, der die eigentliche Geisterwelt ist, schon in sich. Er ist auf dieser Welt ein Lebensfünklein, das sich kräftigen soll zu einer Lebenssonne. Aus seinem atomgroßen Lebenskeime soll ein riesiger mächtiger Lebensbaum werden. Und also ist es.
Wie die Eichelnuß zahllose Wälder voll riesiger Bäume in sich trägt, die sich alle aus dem einzelnen Kerne entwickeln können, so trägt auch der Mensch in seinem klein scheinenden Leben auf dieser Welt eine unendliche Kräftigung und Potenzierung desselben in sich. –
Es heißt aber im Evangelium, wo der spricht, der sein Talent vergraben hatte: „Ich weiß, daß du ein strenger Mann bist und willst ernten, da du nicht gesät hast. Wo du eins setzest, da willst du tausend gewinnen; darum vergrub ich das Talent, auf daß ich es dir gebe, wie du es mir gegeben hast.“
Darauf aber spricht der Herr des Talentes: „Ei, du schalkhafter Knecht! Wußtest du, daß ich ein ungerechter Mann bin und will ernten, da ich nicht gesät habe, warum trugst du denn nicht das Talent zu einem Wechsler, der mir darum Wucherprozente gegeben hätte?“
Sehet, aus dieser Stelle erscheint ganz klar, daß Ich das Leben in den möglichst kleinsten Partien aus Mir hinausstreue in die endlosen Gebiete Meines allwaltenden Seins, um aus einer jeglichen dieser kleinsten Lebenspartien eine übermäßig potenzierte Lebensmasse zurückzubekommen.
Das ist der wahre innerste Grund alles geistigen Lebens: Aber bin Ich da wirklich ein harter, eigennütziger, ungerechter Lebenswucherer? O nein! Denn außer Mir gibt es ja nirgends ein Leben, und das aus dem einfachen Grunde, weil es ewig nirgends ein „außer Mir“ gibt! Ich bin die Nährquelle ewig für alles Leben!
127. Kapitel - Ein Menschenkind als Bild des Himmelreiches und des Universums.
Wir haben in der vorhergehenden Eröffnung ein kräftiges Bild vor jedermanns Augen gestellt, nach welchem jeder mit leichtester Mühe von den äußerlichen Erscheinlichkeiten auf den inneren Grund schließen kann. Da aber dieses Feld sehr groß ist und die Erscheinlichkeiten auf demselben zahllos sind, so hat der Mensch der rechten Bilder nie zuviel, um sich in jeder Lage seines erscheinlichen Daseins den rechten Rat zu schaffen. Und so werden wir zu einem andern, in sich zwar ganz einfachen, aber desto inhaltsschwereren und allgemeineren Bilde zur Beleuchtung unserer Sache schreiten.
Was Einfacheres könnte es wohl geben als ein harmloses, ärmliches Menschenkind? Dieses hat zwei bewegliche Füße, dann einen Leib voll Eingeweide; es hat zwei bewegliche Arme und über denselben auf einem Halse einen beweglichen Kopf. An dem Kopfe sind zwei Ohren, die immer gleich voneinander entfernt bleiben, und das eine hört dennoch allezeit dasselbe wie das andere. Also hat es auch zwei Augen, die ihren festen Standpunkt im Kopfe haben und einander nicht nähergerückt werden können, obschon sie für sich einer Bewegung fähig sind. Mit diesen beiden Augen kann jedes einzelne Ding für sich beschaut werden. In der Mitte der Augen sitzt die zweimündige Nase. Sie atmet die Lebensluft in sich und läßt die Unreinigkeit des Hauptes abfließen. Also hat es auch einen Mund, dessen unterer Teil allein beweglich ist. In selbem hat es zwar unbewegliche Zähne, aber eine desto beweglichere Zunge. Der übrige Leib besteht aus einer Haut, aus Fleisch, Blut, Nerven, Fasern, Adern und Knochen, in denen sich ein Mark vorfindet. – Sehet, das ist das Bild unseres Kindes.
Wer ahnt es aber, was alles hinter dieser ganz einfachen Erscheinlichkeit steckt? Wer ersieht darin einen ganzen Himmel? Wer das ganze unendliche Universum?
Wer sucht in diesem einfachen Bilde einen Konflikt der gesamten Schöpfung, sowohl in der geistigen als auch in der naturmäßigen Sphäre?
Möchte da nicht jemand sagen: In dem Kinde ist solches wohl kaum ersichtlich; aber lassen wir es zum Manne werden, dann wird sich in seinem Denken und Handeln vielleicht wohl manches finden lassen, daraus man folgenderweise erkennen kann, daß der Mensch zum wenigsten ein integrierender Teil der Schöpfung ist.
Ich aber sage: Dessen bedarf es nicht; das Kind allein genügt. Seine zwei einfachen Füße bezeugen Meine väterlich tragende Liebsorge, welche sich in den zehn einfachen Geboten ausspricht, die euch bekannt sind. Die Füße sind aus dieser Ordnung auch der Unterstützung halber und der Festhaltung wegen mit zehn Zehen versehen.
In der naturmäßigen Sphäre aber stellen sie das Planetensystem vor, welches ebenfalls die unterste Stütze eines Sonnensystems ist. Ja, das Planetenwesen nötigt gleich den Füßen durch seine Bewegung den großen Hauptleib der Sonne in die große Hauptbewegung.
Aus dieser ganz kurzen Darstellung könnt ihr entnehmen, daß schon in den Füßen des Kindes das ganze liebsorgliche Wesen geistiger Art, wie das ganze Planetenwesen naturmäßiger Art vorhanden ist.
Auf den Füßen ruht der Leib als die Hauptwerkstätte des Lebens. Wer ersieht hier in geistiger Sphäre nicht sogleich das Wesen der belebenden Liebe aus Mir? Und wer erschaut in dem Leibe nicht sobald die Sonne, welche ist der belebende Leib des ganzen Planetensystems?
Im Leibe ist das Herz als der Grundsitz des Lebens und als das allerklarste Bild der Liebe. Diese Liebe ist fortwährend tätig und führt allen Teilen des Leibes Nahrung zu.
Gleich neben sich hat diese Liebe den Magen. Dieser ist die gastfreundschaftliche Küche, in welcher die Liebe durch ihr Feuer die Speisen verkocht und sie dann, gar herrlich zubereitet, in alle Teile führt.
Die Lunge ist da gleichsam ein zweiter Magen, eine zweite Küche, durch welche zu den in der ersten Küche bereiteten Speisen ätherische Kost hinzugegeben wird, damit die Speisen der ersten Küche lebendig werden und zur Unterstützung des Lebens taugen.
Wie herrlich zeigt das Bild dieser zwei Küchen, in deren Mitte das tätige Herz waltet, wie das Geistige in das Naturmäßige eingreift, um es selbst zu vergeistigen und also einer höheren Bestimmung zuzuführen. Und das alles geschieht durch die stets tätige Vermittlung des Herzens, dieses getreuesten Bildes der Liebe!
Wer kann hier Mein eigen Liebewalten verkennen, wie Ich auch einerseits stets das Verlorene aufnehme, es in der großen Küche der naturmäßigen Schöpfung verkoche, und es dann belebe durch den Hauch Meiner Gnade und Erbarmung, aus der zweiten großen Küche, welche da ist der Himmel, und ist gleich der Lunge im Menschen.
eder Atemzug kann jedem Menschen sagen, wie Ich eben aus den Himmeln fortwährend einwirke, damit das Leben bestehe dadurch, daß Ich eben durch dieses Einfließen stets den Tod in das Leben zu verwandeln anstrebe.
Wer hier nur ein klein wenig klar zu denken vermag, den wird dieses wunderbare Entsprechungsbild sicher nicht ohne Licht lassen. – Gehen wir aber weiter.
Zu beiden Seiten des Leibes befinden sich zwei Hände. Diese stellen in geistiger Hinsicht die werktätige Liebe dar, welche sich in weiten Räumen allorts frei bewegen kann und fortwährend wirkt und schafft.
Durch die Hände wird sonach auch Meine freiwaltende, ungebundene Macht dargestellt, welche aber dennoch nicht außer der bestimmten ewigen Grundordnung wirkt, denn auch eine jede Hand trägt als äußerste Ausläufer die Finger, deren Zahl den Ausläufern an den Füßen gleichkommt. Nur sind die Ausläufer an den Füßen an dieselbe gerichtete Ordnung gebunden, während die Ausläufer an den Händen die freie Tätigkeit in dieser Ordnung bedeuten.
Also wäre z.B. ein im Geiste nicht wiedergeborener Mensch gleich der gebundenen Ordnung der Füße und ein wiedergeborener Mensch gleich der freien Ordnung der Hände.
Wer hier wieder zu denken vermag, der wird die entsprechende Wahrheit finden; besonders wenn er noch die naturmäßige Sonne betrachtet, wie auch diese im Ausflusse ihrer Strahlen ihre offenbaren freitätigen Hände beschaulich darstellt.
Nun hatten wir noch den Kopf, einen festen Teil über dem Leibe, welcher in sich selbst in abgerundeter Form einen vollständigen Menschen in seiner geistigen Sphäre darstellt. Die Ohren sind dessen Füße, auf denen er einhergeht. Die Augen sind seine Arme, mit denen er gar weit um sich greifen kann. Die Nase ist die Lunge; der Mund ist der Magen. In ihm ist gleich dem Herzen die Zunge, welche sowohl die materiellen wie die geistigen Speisen verarbeiten hilft; die materiellen durch das Unterschieben unter die zermalmenden Zähne und dann durch das Hinabschlingen. Das ist ihre materielle Beschäftigung. Aber die Zunge gibt auch der Stimme einen verständlichen, artikulierten Laut, und sie ist es, die die inneren Gedanken in verständige Worte umwandelt.
Das innere Mark des Hauptes stellt das gesamte entsprechende Eingeweide des Menschen dar oder sein verfeinertes und vergeistigtes Leben.
Und so führt der Mensch in seinem Gesamtumfange in seiner ganz einfachen, beschaulichen Form den Menschen durch all seine drei Stufen vor: in seinen Füßen die gebundene Naturmäßigkeit, in seinem Leibe dessen geistige Sphäre, die noch mit Verschiedenem zu tun und zu kämpfen hat und durch den Kopf seine himmlische Sphäre, wo der Mensch an und für sich zwar in einer festen, unwandelbaren Beschaffenheit dasteht, aber eben dadurch in seiner Wirkungssphäre um desto weiter hinausgreifend ist, wie die Bestandteile des Kopfes schon beim naturmäßigen Menschen endlos weiter hinausreichen als die Bestandteile des Leibes.
Nun sehet, das ist ein ganz einfaches, aber klares Bild. In dieses Bildnis äußerer Erscheinlichkeit ist das Ganze des Himmels, das Ganze der dem Himmel untergeordneten Geisterwelt und so auch das Ganze der dem Himmel und der Geisterwelt untergeordneten naturmäßigen Welt in allen ihren Einzelheiten enthalten.
Ich meine, wenn ihr dieses Bild, besonders in der Schlichtheit eines harmlosen Kindes, betrachtet, so werdet ihr in dieser Erscheinlichkeit jede andere mit Leichtigkeit finden und allenthalben auch eben so leicht auf deren Grund zu kommen imstande sein. – Und so hätten wir denn auch der Bilder genug; und es bleibt uns nichts mehr übrig, als einige „Nacherinnerungen“ diesem ganzen Werke beizufügen, wie dasselbe nutzbringend soll gelesen und darnach gehandhabt werden.
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